Digitaler Minimalismus beschreibt eine Philosophie für den Umgang mit Technologien und digitalen Medien. Dabei geht es nicht um “weniger ist mehr” sondern darum, nur das zu verwenden, was uns einen Wert gibt. In diesem Artikel erfährst du, wie du nur noch Medien nutzt, die dir echten Nutzen bringen.
(Digitaler) Minimalismus
‘Minimalismus’ wird oft missverstanden. Wenn jemand Minimalist ist, dann denken wir oft an ein kahles Zimmer mit einem Stuhl und zwei Tassen im Regal. Doch es geht beim Minimalismus nicht um das Reduzieren, nur um weniger zu haben. Wer sich entscheidet, Minimalist zu sein, entscheidet sich für ein intentionales Leben. Wer oft in seinen Kleiderschrank schaut und sich fragt: “Ziehe ich das noch an?” und ungetragene T-Shirts aussortiert, handelt bereits wie ein Minimalist. Ein minimalistisches Zimmer ist nicht leer, jedes Möbelstück wird benutzt, jede Zimmerpflanze, jedes Accessoire erhöht die Lebensqualität.
Genau so ist das beim digitalen Minimalismus. Cal Newport, Author von “Digital Minimalism”, betont, dass es nicht um “weniger ist mehr” geht.
Stattdessen sollten wir uns fragen stellen, wie:
- Was ist mir wichtig im Leben und wie kann mich Technologie dabei unterstützen?
- Welche digitalen Services erhöhen meine Lebensqualität?
Drei Grundprinzipien des digitalen Minimalismus
Cal Newport stellt drei Grundprinzipien des digitalen Minimalismus vor:
- Unordnung ist kostspielig: Wenn du deine Zeit und Aufmerksamkeit mit unnötigen Apps und Geräten vergeudest, wirst du von deinen Zielen und Werten abgelenkt.
- Optimierung ist wichtig: Denke sorgfältig darüber nach, ob dir eine bestimmte Technologie einen Mehrwert bietet.
- Intentionalität ist befriedigend: Behalte immer deine Werte und Ziele im Hinterkopf, wenn du eine neue Technologie bewertest oder entscheidest, wie du ein Gerät verwendest.
Jetzt wird es Zeit, diese Prinzipien praktisch im folgenden 3-Schritte-Plan anzuwenden.
Digital Declutter: Schritt-für-Schritt-Anleitung
Cal Newport schlägt einen relativ simplen Ansatz vor, um herauszufinden, was uns einen Mehrwert gibt: Nehme dir eine Auszeit von 30 Tagen, in denen du auf optionale Technologien verzichtest oder sie einschränkst.
Schritt 1: Was ist notwendig?
Setze dich mit allen Technologien in deinem Leben auseinander und bestimme, ob sie notwendig oder optional sind.
Als „optionale“ Technologie gilt jedes Gerät, jede App oder jeder Dienst, den du 30 Tage lang nicht nutzen wirst. Alles, was du verwenden wirst, ist notwendig, um deinen Verpflichtungen im Alltag nachzugehen. Du wirst feststellen, dass du manche Medien nicht so leicht einordnen kannst. Bedenke also, für den einen ist Netflix optional, für den anderen ist es essentiell.
Es ist deine digitale Entrümpelung, und du bestimmst die Regeln – aber versuche, so rücksichtslos wie möglich zu sein, denn je mehr Technologien du pausieren kannst, desto frischer ist dein Start nach den 30 Tagen.
Schritt 2: Lege eine Pause ein
Jetzt wird es ernst: Für 30 Tage reduzierst du die Nutzung von Medien auf ein Minimum. Nach diesen 30 Tagen führst du die optionalen Technologien und Medien wieder ein.
Es liegt zum Beispiel nahe, komplett auf Instagram zu verzichten, aber womöglich nicht auf dein ganzes Smartphone, weil du damit arbeitest und mit anderen Menschen in Kontakt stehst. Hast du einen professionellen Instagram Account, dann pflegst du diesen in den 30 Tagen weiter, aber nur zu bestimmten Zeiten und ohne dabei unnötig zu scrollen.
Gerade die ersten Tage können hart und ungewohnt sein. Doch es gibt einen Weg, um die “Leere” zu füllen:
Um zu vermeiden, dass du die “verbotenen” Technologien nutzt, empfiehlt Newport, stattdessen nicht-digitale Aktivitäten wiederzuentdecken, die dir Freude bereiten. Wenn ich meine eigene Smartphone reduzieren will, habe ich immer ein Buch in der Nähe. Das gibt mir bereits mehr Qualität, als sinnlose Kommentare auf YouTube zu lesen.
Weitere Ideen:
- Musik-Instrument lernen
- Beginne mit Journaling
- Gestalte die Wohnung neu
- Verabrede dich mit anderen Menschen
- Plane eine Workation
- Lerne Schach
- Schreibe Briefe an Freunde und Freundinnen
- Entdecke alte Hobbys
- Lerne endlich Spanisch
- Baue den Keller um
Diese Liste ist unendlich erweiterbar, aber du verstehst, was ich meine.
Schritt 3: Führe Technologien wieder ein
Nach Ablauf der 30 Tage beginnst du damit, Schritt für Schritt die optionalen Technologien wieder einzuführen.
Frage dich bei jeder neuen Technologie: Was hat mir in den 30 Tagen gefehlt, was mir einen echten Nutzen und Mehrwert gibt? Das Ziel dieses Schritts ist es, bei Null anzufangen und nur dann Technologien wieder in dein Leben zu lassen, wenn sie einen Mehrwert bringen.
Sei wieder allein mit dir
Wir sind immer verbunden, haben immer Kontakt, konsumieren immer Content. Wir haben verlernt, mit uns alleine zu sein.
Call Newport spricht von „Einsamkeitsdeprivation“: ein Zustand, in dem wir fast keine Zeit allein mit unseren Gedanken verbringen. Zugegeben, wir können uns auch mit dem Smartphone alleine fühlen, doch wir vermeiden gerne bewusste Reflexionen mit uns und füllen die Leere lieber mit Videos, Handyspielen und sozialen Medien. Vermeide diese “minderwertigen Aktivitäten”, indem du die Einsamkeit bewusst suchst. Verstecke dein Smartphone oder lass es zu Hause, während du einen langen Spaziergang machst, Tagebuch führst, oder meditierst.